Da wir in den vergangenen Tagen nicht viel mehr gemacht haben, als uns den „Alltag“ hier anzueignen und schön langsam begannen uns als Lehrer zu entpuppen, werden wir in diesem Eintrag einfach mal über Allgemeines hier in Ghana schreiben.
Als allererstes müssen wir uns mal kurz korrigieren: Wir leben hier in Kwamekrom, nicht in Pepawani, wobei dies nur ein paar Schritte entfernt ist 🙂
Dass unser Klo ein Loch im Boden und unsere Dusche ein Kübel Wasser ist, haben wir euch schon erzählt, doch es wird noch kurioser.
Da es jeden Tag um ca. 19:00 Uhr dunkel ist und auch jeder Tag anstrengend ist, gehen wir zwischen 20:00 & 21:00 Uhr schlafen. Dafür krähen die Hähne (Mehrzahl!!!) meist schon um 2:00 das erste Mal direkt vor unserem „Fenster“. Um ca. 5:00 fangen dann die Dorf-Bewohner an laut zu werden und spätestens um 6:00 stehen wir auf. Heißes Wasser und Pulverkaffee, manchmal sogar Pulverkakao, wird getrunken und auf geht es zur Schule.
School time
In der Schule ist gerade Prüfungszeit und dies verlangt natürlich unsere pädagogischen Tätigkeiten. Vor den Prüfungen geben wir noch Nachhilfe, während den Prüfungen dürfen wir oft Aufsicht halten (müssen auch auf die Lehrer schauen, dass diese den Schülern nicht zu sehr helfen) und danach steht Korrigieren auf dem Tagesplan. Außerdem unterrichten wir auch oft ganze Klassen, organisieren einen „Lehrer Workshop“ und ein Theaterstück für den letzten Schultag.
Mahlzeit
Essen bekommen wir am Vormittag , immer in die Schule, Reis und Bohnen und am Abend um ca. 16:00. Gleich drauf um ca. 18:00 kommt nochmal was (Gastfreundlichkeitswettbewerb der Nachbarn?) Da gibt es dann meistens Fufu (gestampfte Casavawurzel) mit irgendeiner Suppe, oder Yam (auch eine Wurzel) mit einem Eintopf. Großteils befindet sich auch Fisch in unseren Mahlzeiten, gelegentlich aber auch Schnecken (gewollt!!!) und nur selten Fleisch.
Dienstag und Freitag wird Adawso, die nahegelegenste größere Stadt zum Marktviertel und auch wir sind jedes Mal dort und erleben den Tumult mit. Dort gönnen wir uns fast immer ein gekochtes Ei, welches sofort geschält und mit einer scharfen Zwiebelsauce gefüllt wird. Außerdem genehmigen wir uns auch meistens ein Vanilleeis (wie Wasser aus dem Plastiksack) in Kombination mit einem Fleischtäschchen.
Klingt komisch, ist aber so! Und schmeckt 😀
Sprache:
Twi /tschi/:
Twi ist die einheimisch Sprache in Ghana, wobei auch diese nur eine Dialektlandschaft im Süden des Landes darstellt. Generell ist das Land reich an verschiedenen Dialekten. Das wohl erste Wort, das man als Weiße/r in Ghana hört, ist obroni, was genau das heißt: Weißer! Schnell lernt man dann das Wort für „Schwarzer“, obibini. Hier sind dies keine Schimpfwörter, sondern beschreiben sozusagen Tatsachen.
Twi ist eine Sprache, in der es viel Buchstabenkombinationen gibt, die ganz eigene Laute entstehen lassen. Somit kann man einen Text, der in Twi geschrieben ist, nicht einfach vom Blatt lesen. Versuche das trotzdem zu tun, führten zu Auslachorgien seitens der Kinder.
Hier das kleine Twi-Vokabular:
medasi → Danke
Nach und während der Arbeit:
Aeko → Hallo. Wie geht es? (immer im Bezug auf Arbeit)
Jajajeh → Ja eh… (als Antwort)
Muslimischer Gruß:
Salam alaikum → Friede sei mit dir.
Va alaikum salam
beema → Freund
mepauuokew → Bitte
Englisch:
Wenn man hier die Kinder in Englisch unterrichtet, handelt es sich dabei um eine ganz eigene Form des Englischen, ein eigener Dialekt sozusagen, der für uns anfangs nur sehr schwer zu verstehen war. Weil strenggenommen grammatikalisch sehr viel falsch gelehrt und gelernt wird, muss ich mein Englisch ziemlich zurücksetzen, damit ich überhaupt verstanden werde. Als ich von einem Kind aus der pre-school wissen wollte wo ihr hair ist, starrte mich dieses völlig verwirrt an und wusste nicht was es tun sollte. Mein fataler Fehler war es, nicht hairs zu sagen.
Die Kinder lernen außerdem nicht, selbstständig und frei zu sprechen, sondern müssen fixe Phrasen auswendig lernen. So hört man jedes mal beim Betreten einer Klasse folgendes Szenario:
Kinder: „Good morning, madame/sir!“
Ich: „Good morning, class! How are you?“
Kinder: „We are fine, thank you. And you?“
Ich: „I am also fine, thank you. You can sit down.“
Wenn es dann einem passiert, dass man einen Kugelschreiber oder sonstige Kleinigkeit in der Klasse vergisst und nochmal kurz hinein muss, kann diese Angewohnheit, einen kurzen Moment zur Ewigkeit machen. Echt anstrengend.
Die Namen der Kinder sind ein weiteres Problem, da sie für uns ungewöhnlich sind und auch schwer verständlich. Denn auf die Frage: „What’s your name?“ bekommt man nicht etwa direkt den Vornamen des Kindes, sondern: „Madame/Sir, my name is -Nachname- -Vorname-.“ Auch hier vergeht manchmal eine Ewigkeit, bis wir wissen, wie wir das Kind ansprechen sollen.
Die zwei Haupt-Stereotype:
-
Weiße können nicht arbeiten.
Ein Handgriff zum Besen oder einem Waschfetzen und schon stürmen alle Kinder herbei und wollen uns die Arbeit abnehmen. Denn wir Weißen können keine handwerklichen Arbeiten ohne Maschinen ausführen. Wir betreiben unsere Bauernhöfe und unseren Haushalt mit Maschinen und müssen keinen Finger rühren.
Erstaunlich, dass wir doch mit Mr. Isaac (ein Lehrer) zu seiner Farm gehen durften und ihm beim Sammeln und Verbrennen von Ästen helfen durften. DANKE!
-
Weiße schei*** Geld. Das war ein Zitat von einem Mann in Adawso am Markt, der Geld von uns wollte. Macht auch Sinn, denn wir haben Maschinen für alles, steigern so die Produktion und in Folge den Verkauf unaufhörlich.
Anekdote aus Ralfs Alltag: Hero of the day
Am Mittwoch kam in der Schule ein kleines Mädchen, Gloria, zu uns und klagte über Kopfschmerzen, Fieber usw. Dies passiert zwar jeden Tag und wir lassen die Kinder dann immer ein bisschen rasten, doch diesmal war es anders.
Der Kopf des Mädls war so heiß wie eine Herdplatte und bei ihrem Schüttelfrost konnte man meinen ein Erdbeben sei ausgebrochen.
Nach kurzer Besprechung mit den anderen Volunteers entschieden wir uns die Kleine heimzuschicken. Wir holten ihren Bruder „Godbless“ (ja der heißt wirklich „Godbless“), der sie am Weg nach Hause begleiten sollte. Da Gloria zu schwach auf den Füßen war, versuchte ihr Bruder sie zu tragen, doch da er erst zehn und sie außerdem größer als er ist, bot ich ihm Hilfe an und nahm das Kind auf die Arme. Mit dem Gedanken, dass die zwei eh nicht weit weg wohnen werden, gingen wir los. Nachdem wir aber die erste Ortschaft „Kwamekrom“, hinter uns ließen, fielen mir Verenas Worte vom zweiten Tag ein: „Manche Kinder müssen bis zu einer Stunde in die Schule gehen.“ Ich war aber jetzt schon fertig, da eine Wahnsinnshitze den Weg nicht gerade erleichterte.
Doch dieser war nicht nur physisch anstrengend, sondern verlangte mir auch psychisch einiges ab, da es das erste Mal war, dass ich ganz alleine in Ghana unterwegs war.
Mit Gloria auf den Armen durchquerte ich ein Dorf nach dem anderen und alle möglichen Leute kamen zu mir und boten mir sofort Hilfe an. Jeder war wahnsinnig nett, wusste zu schätzen, was ich hier tat, und bedankte sich bei mir, obwohl sie die Kleine nicht einmal kannten.
Das Kind hing anfangs nur schlapp in meinen Armen, fasste aber langsam Vertrauen zu mir und erleichterte uns beiden den Weg, indem sie ihre Arme um meinen Hals legte und sich festhielt. Godbless führte mich durch die Orte „Amoyaw“ und „Oboadeka“ und schließlich, endlich nach „Gidigru“, wo ich das Mädl ihrer Mama übergab. Diese bedankte sich, so wie etliche Leute, die uns am Rückweg wieder begegneten, tausend mal bei mir und ich war nur froh, dass meine Arme noch an mir hingen, wenn auch schlapp und völlig erschöpft.
Der Rückweg war dann ein bisschen gemütlicher, obwohl mich die Hitze immer noch fast umbrachte. Der wahnsinnig wunderschöne Grün-Rot-Kontrast von Busch und Straße verfolgte uns de ganzen Weg und nach insgesamt ca. 1,5 Stunden kamen wir endlich wieder zur Schule zurück wo schon das „Watschi“ (Reis und Bohnen) auf mich wartete.
Gloria liegt immer noch krank zu Hause und ich wünsche ihr gute Besserung, so dass sie bald wieder zur Schule kommen kann.
Gelernt habe ich aus diesem „Abenteuer“, dass ich hier, in Ghana, nicht so ein „Scheißer“ sein sollte, da eh alle Leute nett sind und nicht jeder, der Hilfe anbietet, etwas Böses im Schilde führt, sondern meistens wirklich nur helfen will.
Generelle Neuigkeiten:
Am Montag hat die Schule 6 Solarpenals bekommen, die das gesamte Gebäude mit Strom versorgen. Wir können nun auch den Unterricht selbst pimpen, weil wir Radios und Computer verwenden können.
Um die neue Solaranlage zu bewachen, haben Verena und Kwaku zwei kleiner Schäferhundwelpen gekauft.
Hier ein paar Fotos auch mit den neuen Hunden und mit Paul und Helene: